Videoüberwachung – zulässige Bespitzelung?

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Kürzlich stand in den Medien ein Unternehmen am Pranger, das zur Aufklärung von vermuteten Diebstählen Überwachungskameras installiert hatte. Datenschützer und Arbeitnehmervertreter schrien gleichermaßen foul. Was war schief gelaufen? Wieso sollte das Unternehmen nicht sein Eigentum schützen und Mitarbeiter kontrollieren dürfen, sind doch Kontrolle und Weisungsunterworfenheit geradezu bestimmende Merkmale jedes Arbeitsverhältnisses? Das Thema war hier die Menschenwürde, Big Brother-Visionen drängen sich dem Medienkonsumenten auf. Die gesetzlichen Spielregeln versuchen in solchen Fällen folgenden Interessenausgleich: Will der Arbeitgeber Kontrollmaßnahmen einführen, welche die Menschenwürde auch nur berühren, dann braucht es zwingend die Zustimmung des Betriebsrats oder in betriebsratslosen Unternehmen jene des einzelnen Mitarbeiters. Ohne diese Zustimmung ist die Maßnahme absolut unzulässig. Würde die Kontrollmaßnahme die Menschenwürde gar verletzen (z.B. Videoüberwachung auf Schritt und Tritt), kann eine Zustimmung nicht wirksam abgegeben werden. Eine derart exzessive Kontrollmaßnahme ist natürlich auch absolut unzulässig. Andererseits sind Überwachungskameras bei Betriebseingängen, zur Kontrolle von Schalterräumen oder bloßen Verladetätigkeiten zustimmungsfrei. Die Abgrenzung zu den zustimmungspflichtigen Kontrollmaßnahmen erfolgt hier regelmäßig über eine Verhältnismäßigkeitsprüfung: Kontrolle muss auf die schonendste und am ehesten zum Ziel führende Art vorgenommen werden. Wird dieses Ausmaß überschritten, dann kommt es zum Berühren der Menschenwürde, das legitime Kontrollinteresse des Arbeitgebers ist dann soweit überschritten, dass eine Zustimmung notwendig ist. Im eingangs erwähnten Fall hätte das Unternehmen daher die Zustimmung des Betriebsrats einholen und die Maßnahme von vornherein zeitlich beschränken sollen. Auch datenschutzrechtlich könnte so ein berechtigtes Interesse an der Überwachungsmaßnahme (Eigentumsschutz) leichter nachgewiesen werden. 

 

Artikel in Die Presse vom 22. August 2009

 

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Autor

Mag. Jakob Widner
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