Newsletter Arbeitszeitpaket 2018

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Die Arbeitszeit-Novelle ist nunmehr mit 01.09.2018 in Kraft getreten. Ziel ist eine flexiblere Arbeitsgestaltung, die eine bessere Anpassung an die Auftragslage, aber auch eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit gewährleisten soll.

Die wesentlichen Änderungen im Überblick:

1.           Ausnahmen vom Geltungsbereich:

Es werden weitere Personengruppen vom Geltungsbereich des Arbeitszeitgesetzes (AZG) und des Arbeitsruhegesetzes (ARG) ausgenommen: Künftig sind auch Familienangehörige des Arbeitgebers (Eltern, volljährige Kinder, Ehegatten, eingetragene Partner sowie Lebensgefährten), neben den schon bislang vom Anwendungsbereich des AZG und ARG ausgenommenen „leitenden Angestellten“ aber insbesondere auch sonstige Arbeitnehmer mit maßgeblicher selbständiger Entscheidungsbefugnis ausgenommen, sofern

·         die Arbeitszeit aufgrund der besonderen Merkmale der Tätigkeit nicht gemessen oder im Voraus festgelegt werden kann, oder

·         die Arbeitszeit von ihnen hinsichtlich Lage und Dauer selbst festgelegt werden kann.

Damit soll bei Vorliegen der genannten Voraussetzungen künftig auch die dritte Führungsebene von den gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen ausgenommen werden. Die Arbeitszeit-RL der EU erlaubt diese weitergehende Ausnahme, von der bislang kein Gebrauch gemacht wurde. Nach Ansicht der EU-Kommission, auf die in den Materialien verwiesen wird, sollen darunter etwa hochrangige Führungskräfte fallen, die über ihre Arbeitszeiteinteilung selbst entscheiden können. Die Arbeitszeitautonomie muss sich dabei aus den Merkmalen der Tätigkeit selbst ergeben (z.B. Führungs- oder Expertenfunktion), die bloße Vereinbarung von Vertrauensarbeitszeit alleinreicht daher nicht für die Anwendung dieser Ausnahmeregelung

2.           Höchstarbeitszeit – Ablehnungsrecht – Motivkündigung:

Der 8-Stunden-Tag bzw. die 40-Stunden-Woche bleiben die gesetzliche Regel.

Geändert wird allerdings

·      die tägliche Höchstarbeitszeit von 10 auf 12 Stunden und

·      die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 50 auf 60 Stunden.

Unverändert gilt die auf der Arbeitszeit-RL beruhende Regelung, dass innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen eine durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden nicht überschritten werden darf (der Kollektivvertrag kann längere Durchrechnungszeiträume von 26 bzw. 52 Wochen zulassen). Während diese Bestimmung bislang weniger Beachtung geschenkt werden musste, ist nunmehr eine Verletzung aufgrund der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von bis zu 60 Stunden leichter möglich.

Auch die nun zulässigen Sonder-Überstunden (10. bis 12. Stunde täglich bzw. über 50 Stunden wöchentlich) sind als zuschlagspflichtige Überstunden zu entlohnen. Arbeitnehmer können jedoch wählen, ob sie eine Abgeltung in Geld oder durch Zeitausgleich vorziehen. Das Wahlrecht ist spätestens „am Endedes jeweiligen Abrechnungszeitraumes“ auszuüben, andernfalls bleibt es bei der Abgeltung in Geld.

Die Sonder-Überstunden können ohne Angabe von Gründen abgelehnt werden. Diskriminierung wegen einer Ablehnung (Entgelt, Aufstiegsmöglichkeiten, Versetzung) ist unzulässig. Eine wegen einer solchen Ablehnung ausgesprochene Kündigung oder Entlassung kann binnen 2 Wochen gerichtlich angefochten werden (Motivkündigung). Anfechtenden Arbeitnehmern kommt eine Beweiserleichterung wie bei sonstigen Diskriminierungsverfahren zugute: sie müssen das verpönte Motiv bloß glaubhaft machen. Der Arbeitgeber muss darlegen, dass eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein anderes, zulässiges Kündigungsmotiv spricht.

3.           Gleitzeit:

Bestehende Gleitzeitvereinbarungen (Einzelvereinbarung; Betriebsvereinbarung) bleiben unverändert.

Künftig kann aber eine Verlängerung der Tagesarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden (statt bislang nur 10 Stunden) vereinbart werden, wenn

·        die Gleitzeitvereinbarung vorsieht, dass ein Zeitguthaben ganztägig verbraucht werden kann und

·        ein Verbrauch in Zusammenhang mit einer wöchentlichen Ruhezeit nicht ausgeschlossen ist.

Dadurch wird vermehrt eine 4-Tage-Woche ermöglicht.

Kommt es zur Neuregelung von Gleitzeitvereinbarungen unter Ausdehnung der Höchstarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden, sind auch die 11. und 12. Stunde zuschlagsfreie Normalarbeitszeit.

Die weitere Ausdehnung der Tagesarbeitszeit von 10 auf 12 Stunden muss auf Initiative der Arbeitnehmer erfolgen. Die Ausdehnung der zulässigen Tagesarbeitszeit auf bis zu 12 Stunden bedarf, anders als bei Überstunden, keines erhöhten Arbeitsbedarfs. Ordnet der Arbeitgeber bei Gleitzeit die Leistung von Überstunden an, die über eine tägliche Arbeitszeit von 8 Stunden bzw. eine wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden hinausgeht, handelt es sich weiterhin um zuschlagspflichtige Überstunden.

4.           All-In-Vereinbarungen:

Durch die Novelle wurden nicht nur die Höchstgrenzen der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit angehoben.

Bislang durften bei erhöhtem Arbeitsbedarf maximal fünf Überstunden wöchentlich und zusätzlich 60 Überstunden pro Kalenderjahr geleistet werden, insgesamt daher 320 Überstunden/Jahr.

Aufgrund der Neuregelung ist künftig nur die Begrenzung auf 48 Stunden/Woche im Durchschnitt relevant. Daraus resultiert ein zulässiges Maximum von  insgesamt rund 416 Überstunden/Kalenderjahr. Geht man davon aus, dass mit einer All-In-Vereinbarung grundsätzlich sämtliche gesetzlich zulässigen Überstunden abgedeckt werden sollen, sind künftig also nahezu 100 Stunden/Jahr mehr abgedeckt (ausreichende Überzahlung vorausgesetzt). Dies gilt im Zweifel für Neuvereinbarungen.

Ob diese Auslegung auch für bestehende Vereinbarungen hält, ist im Einzelfall zu ermitteln.

Rückfragehinweis:

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