Kündigung, Entlassung und Schadenersatz bei sexueller Belästigung

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Arbeitgeber, die Mitarbeiter sexuell belästigen oder eine solche Belästigung durch andere Mitarbeiter tolerieren, verletzen ihre Fürsorgepflicht. Die Erscheinungsformen reichen vom Erzählen freizügiger Witze über anzügliche Komplimente, das klassische „Begrapschen“ bis hin zu sexueller Nötigung. Alle diese der sexuellen Sphäre zugehörigen Handlungen verletzen die Menschenwürde; diese zu bewahren, ist Aufgabe des Arbeitgebers im Rahmen der Fürsorgepflicht. Der Schutz vor sexueller Belästigung beginnt auch nicht erst mit dem Arbeitsverhältnis, sondern besteht schon im vorvertraglichen Stadium (Bewerbungs- und Auswahlphase). 

Schon eine einmalige Handlung genügt, um einen Entlassungsgrund zu verwirklichen. In einem kürzlich entschiedenen Fall war ein Vorgesetzter einem minderjährigen, weiblichen Lehrling mit der Hand durchs Haar gefahren; dies wurde vom Gericht als „Begrapschen“ qualifiziert, weil auch dies ein Eingriff in die körperliche Integrität/Intimsphäre einer Person bedeutet. In einem anderen Fall war ein 53-jähriger Mitarbeiter wegen sexueller Belästigung gekündigt worden. Er hatte mehrmals versucht, ihm unterstellte Außendienstmitarbeiterinnen auf den Mund zu küssen. Der „Grapscher“ klagte auf Wiedereinstellung, blitzte aber bei Gericht ab. Durch seine Aktivitäten wurde ein von Entwürdigungen gekennzeichnetes betriebliches Umfeld geschaffen, sodass der Arbeitgeber jedenfalls berechtigt war, das Dienstverhältnis aufzulösen. Lassen Arbeitgeber derartige Verhaltensweisen „durchgehen“, schaffen sie also keine Abhilfe und verletzen so ihre Fürsorgepflicht, dann werden sie aufgrund der vergleichsweise neuen Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes mitunter auch schadenersatzpflichtig: sexuell belästigten Mitarbeitern gebührt eine Art Schmerzengeld.

 

„Alles was Recht ist“ – Kolumne in „Die Presse“ vom 19. September 2009

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Autor

Mag. Jakob Widner
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